zu Aphthen

schmerzhafte Geschwüre der Mundschleimhaut

Solange ich mich überhaupt zurückerinnern kann, litt ich unter Aphthen im Mund. Nur wer selbst schon solche „Biester“ hatte, kann nachempfinden wie weh diese tun. Zwei, drei oder vier – manchmal so groß wie der Nagel am kleinen Finger – waren keine Seltenheit. Als Kind meinte der damalige Hausarzt in Oberndorf, es sei Vitamin B-Mangel, aber die verschriebenen Tropfen halfen nichts. Später – mittlerweile wohnte wir in Radolfzell am Bodensee – erklärte man mir, dass es mit der Pubertät zu tun habe.

In der Hautklinik in Karlsruhe besorgte ich mir bei Professor … (den Namen weiß ich nicht mehr) einen Termin. Ich trug ihm mein Problem vor und er fragte, ob er mir mal etwas zeigen soll. Ich bejahte und er zeigte mit zwei Aphthen in seiner Mundschleimhaut. Er verschrieb mir dann eine blaue Tinktur, die in der Apotheke zusammengemixt wurde. Sie schmeckte ähnlich wie früher das Malebrin (oder so ähnlich) mit dem man gurgeln musste bei Halsschmerzen.

Dem Professor sagte ich dann, dass ich nichts zum Einpinseln möchte, sondern etwas, dass ich die „Dinger“ gar nicht mehr bekomme.

Daraufhin erzählte er mir, dass es sich bei den Aphthen wahrscheinlich um eine Erbkrankheit handelt und ich damit leben müsse. Außerdem fragte er noch, ob es in der Familie jemand gibt, der auch darunter leidet, was ich verneinen konnte.

Es hatte nur mich erwischt. Ganz sicher war ich mir jedoch nicht, fragte dann meine Mutter, ob sie jemand in der Familie weiß oder sich erinnern kann, der unter den Aphthen zu leiden hatte. Sie verneinte dies, und damit war für mich der Fall zunächst wieder mal erledigt. Der Witz dabei ist, dass meine Mutter ein paar Tage später bei mir anrief – sie wohnte mittlerweile auch in Waldbronn, nur zwei Straßen von mir weg – und sagte ich solle doch mal bitte kurz vorbeikommen. Ich kurvte sofort hin und zu meinem Erstaunen zeigte sie mir eine Aphthe in ihrem Mund. In dem Moment glaubte ich sogar an die „Erbkrankheit„.

Am 11. August 1979 lernte ich meinen jetzigen Mann Leo kennen, der zu meinem Aphthen-Problem immer meinte, dafür müsse es doch eine Lösung geben. Aber weit gefehlt. Alles was ich ausprobierte von Gel über Salbe und Tropfen, Spülungen mit Kamille, Salbei, Myrrhe, Schwedenkräuter und was weiß ich noch alles – nichts, aber überhaupt nichts hat geholfen. Wenn ich drei oder vier so kleine „weiße Teufel“ hatte, halfen meist nur noch Schmerztabletten, denn ich war ja ganztags berufstätig als Direktionssekretärin bei einer Krankenversicherung und musste tagsüber natürlich auch sehr viel reden und telefonieren.

Vom 29.3. bis 16.4.1994 machten mein Mann und ich eine Rundreise durch China, von Peking bis nach Hongkong. Wieder zu Hause stellte ich fest, dass ich keine Aphthe hatte.

Welch ein Wunder, denn das kam ganz, ganz selten vor. Plötzlich kam ich auf die Idee, dass die Sache etwas mit dem Essen oder dem Reis zu tun hat. Von dieser Stunde an schrieb ich ganz genau auf, was ich „unter der Nase“ hineinschob. Überall hatte ich meine Zettel verteilt, damit ich ja nichts vergesse.

Irgendwann merkte ich dann, dass, wenn ich Nüsse gegessen hatte, es besonders schlimm war. Von dem Augenblick an aß ich keine Nüsse mehr.

Alle Bekannten und Verwandten machten für mich nur noch Kuchen ohne Nüsse. Sogar gemahlene Haselnüsse oder Mandeln in Kuchenteig, Sesam- oder Mohnbrötchen und Sonnenblumenbrot habe ich im Laufe der Zeit „verachtet“.

Sobald ich mal nicht wie ein „Schießhund“ aufpasste, war ich schon wieder „gesegnet“. So mied ich eben alles, was mit Nüssen zu tun hatte und sagte mir, dass ich ohne Nüsse leben kann.

Für den 1. Mai lud ich Heinz B. mit Familie ein, denn auf Heinz hatte ich ein Attentat vor. Er sollte bei der Feier zum 90. Geburtstag meiner Mutter mitwirken. Als wir wegen dem Besuchstermin nochmals miteinander telefonierten, fragte er mich, ob ich schon mal etwas von Dr. Hamer gehört habe, was ich verneinte.

Er erzählte mir die Geschichte vom tragischen Tod seines Sohnes Dirk. Außerdem sagte er mir, dass er zwei Bücher habe, die er mir mitbringen könne, was er dann auch tat. Die Bücher las ich dann und machte mir so meine Gedanken. Es waren für mich keine „spanischen Dörfer“, denn ich habe einmal als Chefarztsekretärin in der Neurologie gearbeitet.

Nachdem ich „wie von Heinz befohlen“ zuerst die beiden Bücher von Herrn Dr. Hamer gelesen hatte, stürzte ich mich auf den zusammengefalteten Plan (Tabelle: Psyche-Gehirn-Organ). Ich gestehe, dass ich zwischendurch schon mal einen Blick darauf geworfen hatte, musste aber dann wieder daran denken, dass Heinz sagte, ich würde die Zusammenhänge erst verstehen, wenn ich die Bücher gelesen habe. Den Plan breitete ich auf dem Tisch aus, kniete mich auf meinen Stuhl und begann mein „Studium“.

Beim Thema Allergie läuteten bei mir alle Glocken. Plötzlich war ich davon überzeugt, dass die Sache mit den Nüssen „von irgend etwas von früher“ kommen muss. Sofort erzählte ich es meinem Leo, der dann meinte, dass das gut sein kann. Aber woher und von was? Immer wieder überlegte ich und grübelte – ohne Ergebnis.

Eines nachts wachte ich auf und plötzlich wusste ich Bescheid.
Ich konnte es kaum erwarten bis Leo endlich aufwachte; am liebsten hätte ich ihn sofort geweckt, tat es dann aber doch nicht. Schlafen konnte ich nicht mehr und „lauerte“ bis er endlich die Augen aufmachte. Sofort teilte ich ihm mit, dass ich weiß woher das mit den Nüssen kommt. Er erwiderte ganz ruhig: „Lass uns zuerst mal frühstücken und dann erzählst du mir alles.“ Solange konnte ich natürlich nicht warten und schon im Nachthemd in der Küche legte ich los.

In Oberndorf wohnten wir im Hause der Großeltern an einer Schützensteige (eine 16%ige Steigung). Im unteren Grundstück stand ein – für meine Begriffe als Kind – riesiger Nussbaum, von dem ein paar Äste zu uns in den Garten herüberhingen. Es war „bei Strafe“ verboten die Nüsse aufzuheben, denn mit der Besitzerin, eine Frau Fuoß, war „nicht gut Kirschen essen“.

Es war wieder einmal Herbst – es muss 1946 oder 1947 gewesen sein.
Die Nüsse waren reif und gerade aufgebrochen. Meine Schwester, sie ist fünf Jahre älter, und ich schlichen in den Garten Richtung Nussbaum. Wir schauten, ob die „Fuoßin“ am Fenster ist oder unsere Mutti oder unsere Oma herausschaut. Weit und breit war niemand zu sehen. Da rissen wir ein paar Nüsse ab, machten ganz schnell die grünen Schalen weg und warfen sie in den Garten von Frau Fuoß. Da riss diese schon das Fenster auf und schrie: „Lasset jo meine Niss en Ruh, sonscht komm e.“

Im selben Augenblick schaute unsere Mutti von der Veranda herunter.
Sie bekam alles mit und rief wütend: „Regina, Ottilie sofort raufkommen.“ Oben wartete sie schon mit dem Teppichklopfer und schlug uns windelweich. Immer wieder sagte sie, dass sie es uns schon austreiben würde an die Nüsse zu gehen, und wenn sie uns totschlagen muss. Übrigens an Frau Fuoß kann ich mich nicht mehr erinnern, aber die geifernde Stimme werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen.

Ob ich nochmals eine Nuss geholt habe, weiß ich nicht mehr, kann es mir aber nicht vorstellen.

Im Januar 1951 zogen wir nach Radolfzell. Das Verbot löste sich in Luft auf, und in den großen Ferien, die ich jedes Jahr bei meinen Großeltern verbringen durfte, waren die Nüsse noch nicht reif. Zu erwähnen scheint mir an dieser Stelle ganz wichtig, dass meine Schwester nie irgendwelche Probleme mit Nüssen hatte.

Mein Mann meinte, nachdem ich ihm die Geschichte erzählt hatte, dass die Schläge wegen den Nüssen schon der Grund sein könnten, dass ich alles was eine harte Schale hat, und innen einen Kern, nicht vertrage. Ein paar Tage später erzählte ich die Sache meiner Mutti und meiner Schwester. Beide erinnerten sich ganz genau an die Begebenheit von damals. Dann fing ich an zu überlegen, was ich nun mache.

Ich wusste überhaupt nicht wo und wie ich anfangen soll. Fragen konnte ich ja auch niemand. Nach ungefähr zwei Wochen kaufte ich eine Tüte Erdnüsse und legte ein paar in ein Schälchen.

Den ganzen Nachmittag über schielte ich die Erdnüsse immer wieder an.

Am Abend sagte ich dann zu meinem Leo: „So, und jetzt esse ich von den Nüssen, denn erstens bekomme ich von meiner Mutti keine Schläge mehr und zweitens lebt „die alte Fuoßin“ schon lange nicht mehr; es kann mir also gar nichts passieren!!!

Mit sehr gemischten Gefühlen machte ich die erste Erdnuss auf und aß die beiden Kerne. Ich aß noch zwei oder drei und dachte immer, dass mir ja nichts mehr passieren kann.
Nach ungefähr zehn Minuten merkte ich plötzlich, dass es mich vorne im Mund sticht und brennt. Sofort sprang ich auf und sauste ins Bad, zog die Lippe etwas herunter und siehe da, es war schon ein dunkelroter Tupfen zu sehen.

Ich schaute in den Spiegel und sagte zu meinem Spiegelbild: „Was soll denn das, es kann dir doch überhaupt gar nichts passieren.

Am anderen Morgen war der Tupfen wieder weg. Ich aß sofort wieder Erdnüsse und wartete, aber es „tüpfelte“ nicht mehr. Seither esse ich wieder alle Arten von Nüssen, Mohn-, Sesam- und alle anderen Körnerbrötchen und Brotsorten. Alle Bekannte und Verwandte wurden im Laufe der Zeit darüber informiert, dass ich wieder Nüsse essen kann und warum.

Unser Hausarzt, Herr Dr. H., wusste von meiner Nuss-Allergie nichts, denn ihn haben wir erst seit April 1995. Letztes Jahr im Herbst hatte ich mal einen Termin und erzählte ihm unter anderem die ganze Geschichte. Er hörte mir ganz aufmerksam zu, stützte dann den Kopf auf den Arm und meinte: „Das ist ja sehr interessant.“ Weiter sagte er nichts.

Fast fünfzig Jahre meines Lebens hatte ich aufgrund der fürchterlichen Schläge und der „Todesdrohung“ – wegen den blöden Nüssen – unter den schmerzhaften Aphthen zu leiden. Wenn ich zurückdenke an die Aussagen der Ärzte von wegen Vitamin B-Mangel, Erbkrankheit usw. habe ich dafür nur noch ein müdes Lächeln übrig und kann nur sagen: „Was für ein Schwachsinn!“

Ich weiß, dass ich es nur Herrn Dr. Hamer und seiner Germanischen Heilkunde zu verdanken habe, dass ich meine Aphthen für immer und ewig los geworden bin!