Konfliktrezidiv

Das echte Konfliktrezidiv, also das Zurückkehren des gleichen ursprünglichen Konfliktes, ist eines derjenigen Dinge, die ich am allermeisten fürchte. Ich habe zu viele Menschen daran sterben sehen. Es ist auch ohne Hamer kein Geheimnis, dass z.B. kaum ein Patient einen Re-Infarkt, einen Wiederholungsinfarkt, überlebt.

Seit wir aber nunmehr deutlich im Gehirn auf unseren Hirn-CTs sehen können, welche Mühe der Organismus hat, seinen Computer Gehirn zu reparieren, können wir ermessen, wie schwierig es ist, gleichsam eine in Heilung befindliche oder gerade geheilte Wunde die wieder aufgerissen ist, erneut zu heilen (= zu vernarben).

Sie heilt viel schwieriger und langsamer als beim ersten Mal. Stellen wir uns die Hirnzellen wie ein milliardenfaches riesiges Maschengitterwerk vor, dann müssen wir uns ja auch vorstellen können, welche verschiedenen Änderungen sich da abspielen, wo so ein Hamerscher Herd heilt:

a) Es bildet sich ein intra- und perifocales Oedem. Dabei werden die Synapsen der Hirnzellen stark gedehnt. Trotzdem behalten sie ihre Funktion bei. Bei Ende der Heilphase müssen diese Dehnungen wieder rückgängig gemacht werden, wieder ohne dass möglichst die Funktion darunter leiden darf.

b) Offensichtlich wird die Isolierung der Hirnzellen während der konflikt-aktiven Phase der Dauer-Sympathicotonie stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Organismus repariert das auf erstaunlich einfache und sinnvolle, sowie effektive Weise, indem er eine Zusatzisolierung durch Gliazellen in das Gitterwerk der Hirnzellen einlagert. Das ist das, was die Neurochirurgen als „Hirntumoren“ fehldeuten. Auch während dieses Vorgangs muss die Funktion des Areals nach Möglichkeit stets gesichert bleiben.

c) Nicht nur muss die Funktion für das zugehörige Organ gesichert bleiben, sondern der Hamersche Herd schaltet quasi dem Krebstumor das Licht aus und übergibt ihn den zuständigen Spezialbakterien zum Abräumen.

Werden nun diese Vorgänge und Funktionen, die die Natur ja in vielen Jahrmillionen eingeübt hat, dadurch gestört, dass der sog. „Ziehharmonika-Effekt“ eintritt, dass also in kurzer Zeit die Synapsen gedehnt und wieder geschrumpft werden – zusätzlich über die schon normale epileptische Krise hinaus – dann kommt irgendwann der Punkt, wo das Gehirn überfordert ist und nicht mehr mitmacht.

Das ganze mühsam aufgebaute Kartenhaus stürzt wieder zusammen, und der Schaden ist ärger als zuvor, wenn während oder kurz nach der Heilungsphase ein Konfliktrezidiv eintritt. Aus diesen Gründen ist ein echtes Konfliktrezidiv meiner Meinung nach sogar gefährlicher als ein Zweitkrebs, je nachdem natürlich, an welchem Ort im Gehirn der Hamersche Herd gelegen ist.

Es kommt noch etwas hinzu: Der Patient hat an der psychischen Konfliktnarbe gleichsam seine psychische Achillesferse, seinen schwachen Punkt. Der gleiche Konflikt zieht ihn quasi magisch an, bzw. er tappt immer wieder in die gleiche Falle, selbst wenn er das weiß.

Ich habe lange überlegt, und ich bin zu der Ansicht gelangt, dass das von der Natur so geplant ist. Denn der Hirsch, der sein Revier an den jungen Hirsch verloren hat, hat quasi in seinem Programm, dass er sich dem Eindringling nochmals stellen muss. Denn nur das kann ja der Sinn der Dauer-Sympathicotonie sein, dass der Hirsch in die Lage versetzt werden soll, „seine Chance zu wahren“ und sein Revier noch einmal zurückzuerobern.

Wenn überall „geschlagene Hirsche“ durch die Wälder irren würden, würde das nur Chaos in die „Hirschordnung“ bringen. So ähnlich müssen wir uns das wohl auch beim Menschen vorstellen.

Ich habe so unendlich viele tödlich verlaufene Konfliktrezidive gesehen, die vom Logisch-Rationalen völlig unnötig und unsinnig gewesen sind, dass sich mir diese Ansicht förmlich aufgedrängt hat. Allerdings gilt dieses „sich nochmals stellen“ nur kurze Zeit, wenn dann keine Lösung erfolgt ist, darf in der Natur, bei den Menschen vergleichbaren Rudeln oder Herden, auch keine Lösung mehr erfolgen.

Der geschlagene Hirsch oder Wolf wird endgültig „Zweithirsch“ d.h. schwul – von da ab liebt, ja verehrt er seinen Besieger und geht für ihn „durchs Feuer“.

Die gefährlichste Zeit, das Konfliktrezidiv zu erleiden, ist, wie wir nach dem Gesagten sicher gut verstehen können, nicht der Beginn der pcl-Phase, sondern das Ende der Heilungsphase oder sogar der Beginn der Normalisierungsphase. Dann reißt das Konfliktrezidiv die alte Wunde auf allen drei Ebenen völlig auf und führt zudem noch zum „Ziehharmonika-Effekt“ auf der Gehirnebene.

Oft erreicht der Patient dann sogar noch die zweite Heilungsphase. Aber dann schießt das erneute Oedem so gewaltig in und um den Hamerschen Herd ein, dass der Patient in kürzester Zeit daran sterben kann – meist in der epileptischen oder epileptoiden Krise, die in diesen Fällen sehr viel früher als sonst erfolgen kann.

Hierzu ein kurzes Fallbeispiel:
Eine rechtshändige Patientin nach der Menopause hatte mehrere Konflikte, die hier der Übersichtlichkeit wegen nicht besprochen werden sollen. Sie hatte alle organischen Symptome überstanden, eines nach dem anderen.

Schließlich erlitt sie ein DHS bei einem schweren Streit mit dem Ehemann, wobei es um die berühmte böse Schwiegermutter ging, die angeblich tagaus, tagein die Patientin terrorisiert hätte.

Einige Zeit danach starb die Schwiegermutter. Kurz darauf wurde schulmedizinisch ein Leber-Gallengangs-“Ca“ entdeckt (in Wirklichkeit ja ein Ulcus-Geschehen).

Die Patientin erlitt ein neues DHS, weil sie sich sagte: „Der Krebs holt mich ein. Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit …“.

Die Angst saß ihr buchstäblich im Nacken und entsprechend erlitt sie einen „Angst-im-Nacken-Konflikt“. Die Ärzte lehnten jede weitere Behandlung ab, weil sie glaubten, der ganze Körper sei nun voll mit sog. „Metastasen“.

Der Ärger-Konflikt mit Gallengangs-Ulcera war durch den Tod der Schwiegermutter zwar etwas entschärft, aber der Ehemann nahm jetzt, weil er seine Frau für den Tod seiner Mutter verantwortlich machte, erst recht deren Partei, und der Kampf war eben weiter in vollem Gange.

Die Patientin kam zu mir und fragte mich um Rat.

Ich sagte: „Sie können nur überleben, wenn Sie eine lange Zeit wegziehen von Ihrem Mann, z.B. zu Ihrer Mutter, wo Sie gänzlich aus dem Konfliktturm heraus sind. Und dann brauchen Sie auch keine Angst mehr zu haben.“

Die Patientin befolgte diesen Rat.

Zuerst war sie sehr schlapp und müde, aber nach etwa 4 Monaten konnte sie wieder arbeiten und den Haushalt ihrer Mutter machen. Sie fühlte sich vollständig wohl. Die halberwachsenen Kinder waren bei dem Vater zu Hause geblieben, weil für die bei der Oma kein Platz war.

Eines Tages, zum ersten Mal nach 7 Monaten, wollte die Patientin ihre Tochter besuchen in ihrem eigenen Haus. Sie glaubte, der Ehemann sei weg.

Als sie aber in der Küche stand, kam plötzlich unvermutet der Ehemann, sagte kein Wort, sondern lief immer nur um sie herum, provozierend, vorwurfsvoll, aggressiv.

Die Patientin erlitt ein Rezidiv-DHS.

Zwei Tage später rief sie mich an. Sie war völlig verzweifelt. Nach dem DHS war sie innerhalb von Stunden völlig ikterisch (gelb) am ganzen Körper geworden. Sie konnte nichts mehr essen, brach ständig grüne Galle. Innerhalb von 2 Tagen hatte sie schon 4 kg an Gewicht abgenommen.

Die Ärzte wollten sie nunmehr sofort unter Morphium legen, denn das sei nun der Anfang vom Ende.

Ich beruhigte sie und sagte ihr, ich hätte sie damals davor dringend gewarnt. Aber da es nur relativ kurz gedauert habe, das Konfliktrezidiv, sei ich sicher, wenn sie jetzt wie vorher zu Hause bei ihrer Mutter bleiben würde und sich nicht in Panik bringen lassen würde, dann sei der Spuk auch nach spätestens einer Woche wieder vorbei.

Genauso war es. Nach etwa 10 Tagen rief sie mich nochmals an und berichtete, der Ikterus (pcl-Phase) habe ganz bald abgenommen, und nun ginge es ihr schon wieder relativ gut. Nur schlapp und müde sei sie, habe aber wieder guten Appetit. Da sie ja genau wisse, wie das beim letzten Mal gelaufen sei, habe sie auch keine Panik mehr. Sie laufe schon wieder in der Wohnung herum.

Die Ärzte konnten jetzt nicht verstehen, warum sie kein Morphium braucht. Jemand, der fünferlei Sorten sog. „Metastasen“ hat, der kann doch vermeintlich gar nicht wieder gesund werden. Doch man kann!